Die künstlerische Bedeutung Matthäus Daniel Pöppelmanns

Dresden, Standbild M.D.PöppelmannsDie hohe Qualität der Bauten und Entwürfe Pöppelmanns ist umso erstaunlicher, als seine künstlerische Ausbildung völlig im Dunkeln liegt und ein "Frühwerk" des Architekten nicht existiert. Zum Zeitpunkt der Errichtung des Taschenbergpalais ab 1705, des ersten konkreten mit seinem Namen in Verbindung zu bringenden Bauvorhabens, war Pöppelmann bereits 43 Jahre alt und seit 25 Jahren im kurfürstlichen Oberbauamt tätig. In dieser Zeit hatte er reichlich Gelegenheit, sich in die v.a. praktischen Aufgabenbereiche der Behörde einzuarbeiten. Die ersten Entwürfe zum Neubau des Residenzschlosses zeigen eine Künstlerpersönlichkeit im Reifeprozess. Erst nach den Reisen nach Böhmen, Wien und Italien 1711 bzw. nach Frankreich 1715 ist seine Architektursprache voll ausgebildet und dominiert fortan mit dem Hauptwerk des Dresdner Zwingers die Dresdner Architektur bis etwa 1725. Die untrennbare Symbiose mit Skulptur und niemals überquellendem Dekor verleiht seiner Architektur eine Festlichkeit und Pracht, die fern von jeder Monumentalität und Schwere ist. Mit ihrer maßvollen Dynamik, erreicht durch konkav-konvex geschwungene Wandflächen und Bauteile, bringen Pöppelmanns Bauten ein neues Element in die sonstige Dresdner Bautradition (Residenzschlossentwürfe, Wallpavillon und Kronentor des Zwingers, Dinglingerhaus am Jüdenhof). Die Einflüsse des böhmischen (Christoph Dientzenhofer) und österreichischen (Johann Bernhard Fischer von Erlach) Barock sind nicht zu übersehen. Ab etwa 1720 beruhigt sich angesichts des herannahenden klassizistischen Stilwandels der höfischen Architektur Sachsens Pöppelmanns Kunst merklich, ohne grundsätzlich an Heiterkeit und Leichtigkeit zu verlieren (Schlösser Moritzburg und Pillnitz usw.).

Der französisch geprägte Barockklassizismus dominierte seit etwa 1720 zunehmend die Baukunst am Dresdner Hof. Verantwortlich war neben dem gewandelten Geschmack des Königs die Person des Franzosen Zacharias Longuelune, der die zeichnerische Ausbildung der jungen Oberbauamtskräfte übernommen hatte. Den Stil Longuelunes machte sich auch der junge Johann Christoph Knöffel zu eigen, der seine Laufbahn eigentlich als Schüler Pöppelmanns begonnen hatte, doch mit der 1723-28 errichteten Ritterakademie in der Dresdner Neustadt dem neuen Stil zum Durchbruch verhalf. Dennoch blieb Pöppelmann hoch geachtet und bewältigte bis zu seinem Ausscheiden aus dem Amt noch immer ein beeindruckendes Arbeitspensum.

Als erstem Architekten war Pöppelmann, der den Weg zur Architektur weder als Militäringenieur noch als Bildender Künstler gefunden hatte, der Aufstieg von der unbezahlten Hilfskraft bis zum Oberlandbaumeister alleine innerhalb der Behörde gelungen. Nichts könnte seine einzigartige fachliche und künstlerische Qualität besser verdeutlichen. (AH, TK)

Foto: Standbild Matthäus Daniel Pöppelmanns am ehem. Fraumutterhaus in der Dresdner Schloßstraße, Kopie der Originalplastik von Paul Polte von 1936.