Schloss Weesenstein als Residenz der Sächsischen Könige (1830-1917)

Mit dem Erwerb durch König Anton von Sachsen wurde Schloss Weesenstein eine weitere Sommerresidenz der Wettiner neben Pillnitz und als solche nach Antons Tod 1836 von Prinz Maximilian (1759-1838), König Johann (1801-1873) und Prinz Johann Georg, Herzog zu Sachsen (1869-1938) genutzt. Bauliche Maßnahmen während dieses Zeitraums konzentrierten sich auf die Gestaltung des Kleinen Gartens im französischen Stil und die Um- und Ausgestaltung von Innenräumen.

Schloss Weesenstein zwischen 1830 und 1838

Die Gründe für Antons Begeisterung für Schloss Weesenstein werden vielfältig gewesen sein: die abgeschiedene Lage inmitten der Natur, die bis aufs Mittelalter zurückzuführende jahrhundertealte Geschichte usw. Entsprechend vorsichtig wurde das Schloss an die neue Nutzung angepasst. Zunächst wurde im Vorderen Querhaus eine Katholische Kapelle eingerichtet, während die Einwohner des Ortes weiterhin die Evangelische Schlosskapelle nutzen konnten (im Gegensatz etwa zu Schloss Moritzburg, dessen Protestantische Kapelle um 1700 katholisch geweiht wurde). Weiterhin wurde bis 1836 am Unterschloss ein (nicht erhaltener) Aufzug zum Schlossgarten angebaut und das Schloss reichhaltig mit Gemälden aus wettinischem Besitz ausgestattet. Besonders gern hielt sich König Anton in den Räumen im Obergeschoss des Wintergartens mit Blick auf den Park auf. Nach seinem Tod 1836 wurde das Schloss Bestandteil der Sekundogenitur, also der Ausstattung der zweitgeborenen Prinzen von Sachsen. Als solches kam Weesenstein 1836 in den Besitz von Antons Bruder Maximilian und 1838 in den Besitz seines Sohnes, Prinz Johann.

Weesenstein und König Johann von Sachsen 1838-1873

Im Jahre 1838 übernahm Prinz Johann von Sachsen (1801-1873) den Weesenstein als Bestandteil der Ausstattung der zweitgeborenen Prinzen des Hauses Wettin. Es sollte bald seine Lieblingsresidenz werden, in der er sich vor allem im Herbst gern aufhielt. Kurz nach der Übernahme ließ er einen kompletten Satz von Grundrissen über alle Geschosse anfertigen. Diese sind noch heute von großem Wert, da sie die Nutzung jedes einzelnen Raumes zur damaligen Zeit überliefern. Auch unter Johann wurden zahlreiche Umgestaltungen vorgenommen. Zwar blieb ein Raumentwurf Sempers unausgeführt, doch kam es zur Neueinrichtung einer katholischen Kapelle im ehem. Waschhaus im Anschluss an den parkseitigen Flügel des Unterschlosses. Der Speisesaal wurde zum Gesellschaftssaal, der bisherige Vorsaal wohl nach Plänen des Semperschülers Carl Gottlob Rolle (1814-1862) mit Marmorfußboden, Deckengemälden und Groteskenmalereien in den Bogenfeldern der Wände zum Neuen Speisesaal umgestaltet. Weitere Baumaßnahmen betrafen einzelne Wohnräume wie das nun neogotische Vorzimmer von Prinzessin Auguste Amalie von 1840 oder das Arbeitszimmer Prinz Johanns. Der Billardsaal im Oberschloss wurde zu einer Art Ahnengalerie ausgestaltet.

Schloss Weesenstein vom Kleinen Garten gesehen; Historische Ansichtskarte; Archiv Arstempano

Prinz Johann von Sachsen zählte zu den gelehrtesten Mitgliedern der wettinischen Familie. Besonders die Rechtswissenschaft, Ökonomie und Verwaltung waren neben Sprachen und Philosophie seine Steckenpferde. Seine Übersetzung von Dantes Göttlicher Komödie, dem wichtigsten Werk der italienischen Literatur, schuf er unter dem Pseudonym Philalethes ("Freund der Wahrheit") größtenteils in Weesenstein - diese Arbeit ist noch heute anerkannt. Die Bedeutung Weesensteins für seinen berühmtesten Bewohner geht aus einer kuriosen Anekdote hervor: Zur Kur nach Böhmen reiste Johann nicht als "Prinz " oder "Herzog von Sachsen", sondern inkognito als "Graf von Weesenstein"...

Im Jahre 1854 verunglückte Johanns Bruder König Friedrich August II. bei einem Unfall mit der Kutsche tödlich. Sein Nachfolger Johann setzte sein Wissen zur Förderung von Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur ein. Sachsen wurde zu einem der wirtschaftlich führenden Länder Europas. Johann gilt als "König unter den Gelehrten" und als "Gelehrter auf dem Thron". Nach seinem Tod wurde Dresdens schönstes Reiterdenkmal auf dem Theaterplatz zu seinem Gedenken errichtet.& Allerdings ist Johanns Wirken während der letztlich erfolglosen revolutionären Umwälzungen in Deutschland zwischen 1830 und 1849 umstritten ("Leipziger Gemetzel" 1845).

Da Schloss Weesenstein weiter zu den Residenzen König Johanns zählte, musste es nach 1854 für die nun Königliche Hofhaltung angepasst werden. Nach der Schließung der Schlossbrauerei wurde 1863 im Brauhof die Königliche Schlossküche eingerichtet. Zusätzliche Stallungen wurden im Bereich des Vorschlosses errichtet und weitere Wohnräume im Unterschloss renoviert (z.B. Johanns Wohnzimmer mit roter Velourstapete). Während des Sommerlagers in Pillnitz war damit einige Male der gesamte sächsische Hof in Weesenstein anwesend. War Weesenstein bereits unter den Uckermanns ein Musenhof, wo u.a.  Carl Maria von Weber zu Gast war, so zog es nun wieder zahlreiche Gäste auf das Schloss, wie beispielsweise Ludwig Tieck, Gottfried Schadow, Wilhelmine Schröder-Devrient oder auch Clara Schuhmann, die einige Zeit im nahegelegenen Musenhof der Familie von Serre auf Schloss Maxen wohnte. In Abwesenheit der königlichen Familie war das Schloss für die Bevölkerung zur Besichtigung geöffnet. Im Gästebuch finden sich Reisende aus Russland, Frankreich, England, Skandinavien, USA, Indien und anderen Ländern mehr.

Nach dem Tod König Johanns kam Schloss Weesenstein in den Besitz seines Enkels, Prinz Johann Georg, Herzog zu Sachsen (1869-1938). Das Schloss änderte sich in dieser Zeit nicht. Im Jahre 1917 verkaufte der Prinz das Schloss an einen Privatmann. Damit ging die Geschichte des Weesensteins als Adelsresidenz zu Ende. Vor dem Verkauf wurde das von den Wettinern mitgebrachte Kunstgut größtenteils auf andere wettinische Schlösser wie Moritzburg oder Pillnitz verteilt. Dies betraf vor allem eine Vielzahl von Gemälden. Ansonsten wurde die reiche Ausstattung des Schlosses mit verkauft.

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