Geschichte des Weesensteins unter der Familie von Bünau bis 1626
Nach der Zerstörung der Burg Weesenstein im Zuge der Dohnaischen Fehde 1402 gelangte sie unter den Bünaus zu neuer Blüte. Zunächst in unsicheren Zeiten als feste Burg, wurde sie ab Ende des 15. Jahrhunderts zu einem der schönsten sächsischen Renaissanceschlösser umgebaut.
Geschichte der Burg 1406 - 1530
Nach der Dohnaischen Fehde wurde Günther der Ältere von Bünau (1355-1431) für seine Treue von Markgraf Wilhelm dem Einäugigen mit dem Weesenstein belehnt. 1410 wird diese Belehnung von "Slosz" Weesenstein an die Brüder Heinrich und Günther durch Landgraf Friedrich den Jüngeren bestätigt. Das Geschlecht der Bünaus stammte ursprünglich aus dem Naumburger Raum. Trotz der weiten Verästelung des Adelsgeschlechtes bemühte man sich, nach außen geschlossen aufzutreten. Für 1508 ist ein erstes Familientreffen urkundlich belegt. 1517 wurde beschlossen, dass die männlichen Nachkommen nur die Vornamen Heinrich, Günther und Rudolf haben sollten. Im vierteiligen Wappen findet sich jeweils links unten und rechts oben auf rotem Grund die vergoldete Maske eines Löwens, der eine Lilie im Maul hält. Die anderen Felder sind jeweils hälftig rot und weiß.
Burg Weesenstein von Osten, vereinfachter Rekonstruktionsversuch der Zeit um 1450; Arte4D für Arstempano
Günther der Ältere von Bünau war unter anderem Vogt auf der Riesenburg, dem Königstein sowie in Pirna, Dohna, Delitzsch und Coburg und dürfte über die finanziellen Mittel verfügt haben, die 1402 zerstörte Burg wieder aufzubauen. Die Erwähnung des Weesensteins als "Castrum" bezeugt, dass es sich nach wie vor um eine ernstzunehmende Befestigung handelte. Anders erging es der Burg Dohna, wo lediglich die Wohngebäude noch eine Zeit lang genutzt wurden, die Wehranlagen nach der Zerstörung 1402 aber keine Wiederherstellung erfuhren. Die Zeiten im Erzgebirge waren über die erste Hälfte des 15. Jahrhunderts hinaus alles andere als friedlich, so dass die Befestigungen vieler Burgen modernisiert wurden. Spätestens mit der für das sächsisch-thüringische Heer verlorenen Schlacht bei Aussig 1426 erreichte der Hussitenkrieg auch Sachsen. Unter den tausenden von Gefallenen waren Familienmitglieder der Bünaus ebenso wie der letzte Burggraf von Meißen aus dem Geschlecht der Meinheringer, der auf Frauenstein residiert hatte. Nachdem Ende der Hussitenkriege 1435 folgte der Sächsische Bruderkrieg von 1446 bis 1451. Erst in der Folge des Vertrages von Eger 1459 zwischen dem böhmischen König Podiebrad, Kurfürst Friedrich dem Sanftmütigen von Sachsen und dessen Bruder Herzog Wilhelm von Sachsen mit der Grenzfestlegung zwischen Sachsen und Böhmen gelang es, die Lage zu befrieden.
Burg Weesenstein; Vogelperspektive von Süden, vereinfachter Rekonstruktionsversuch der Zeit um 1450; Arte4D für Arstempano
Zurück auf den Weesenstein. Hier wird man sich nach 1402 anfänglich auf die Reparatur der vorhandenen Bauten konzentriert haben, wobei der Bergfried seinen birnenförmigen Querschnitt erhalten haben mag. Die Schwachstelle der Burg war wohl der Gegenhang im Nordwesten. In nur 120 m Entfernung überragt er den Burgfelsen deutlich und erlaubte den Beschuss der Burganlage in ihrer vollen Länge. Hinzu kam die wachsende Bedeutung der Feuerwaffen, die spätestens mit den Hussitenkriegen ihre Überlegenheit erweisen sollten. Möglicherweise wurden große Teile des Saalbaues bis ins 3. OG mit dem bastionsartigen Mittelteil erst jetzt errichtet, um die Burg gegen den Hang im Norden abzusichern (ein Hinweis darauf sind die erheblichen Mauerstärken in Teilen des Rittersaales und vor allem im Bereich des Knappensaales). Das im 3. OG schwächere Mauerwerk des bastionsartigen Mittelteils könnte hingegen auf die Existenz einer Plattform über den Gewölben der Untergeschosse hindeuten, die auch den Einsatz von Feuerwaffen erlaubte.
Gotisches Portal des Saalbaues; Foto A.Hummel 2009; mit freundlicher Genehmigung des Schlosses Weesenstein
Damit wäre die Nordseite der Burg ausreichend geschützt gewesen. Ein ähnliches, heute kaum noch als solches erkennbares bastionsartiges Bauwerk beherbergt bis heute die Burgkapelle in Lauenstein. Auch die Burgküche auf Schloss Burk / Thüringen ähnelt in Größe und Lage dem Baukörper in Weesenstein. Hier könnte es sich ebenso um eine im 15. Jh. angefügte Befestigung handeln, die um 1600 zur Schlossküche umgebaut wurde. Um die Südseite der Weesensteiner Burg besser zu schützen, dürften im 15. Jh. weitere Flankierungsbauwerke im Bereich des Theatersaales des Unterschlosses und am Felsengang entstanden sein.
Nicht zuletzt dürfte die Errichtung des Saalbaues der Schaffung von Lager und Wohnräumen gedient haben. Die Wohnräume im 3. OG wurden zusammen mit dem oberen Raum im Wohnturm sicherlich von einem zum Hof hin vorgelagerten hölzernen Laubengang erschlossen. Die bis heute noch teilweise erhaltenen Fenster- und Türgewände der Spätgotik belegen den Gestaltungsanspruch der Burgbesitzer. Besonders bemerkenswert ist ein Türgewände im Knappensaal, über dem eine gemalte Kreuzigungsszene aus dem späten 15. Jh. freigelegt werden konnte. Während die Oberburg dem Burgherren als Wohnsitz vorbehalten blieb, dürften im Bereich des Unterschlosses und des Brauhofes einfache Funktionsgebäude aus Fachwerk und Holz für wirtschaftliche Zwecke existiert haben. Im Jahre 1504 wurde schließlich eine Burgkapelle als Vorläufer der heutigen Schlosskapelle errichtet. Einige Strebepfeiler haben sich im Bereich des Felsenganges erhalten. Für Burgen typisch befand sie sich in der Nähe des Tores zum innersten Burghof. 1517 wurde mit Genehmigung von Papst Leo X. sogar eine eigene Priesterstelle eingerichtet.
Burg Weesenstein mit gotischer Schlosskirche nach 1504, Vogelperspektive von Süden, vereinfachter Rekonstruktionsversuch; Arte4D für Arstempano
Aus der Doninschen Feste war somit im Laufe eines Jahrhunderts eine anspruchsvolle spätgotische Burganlage entstanden. Allerdings waren um 1500 aus den genannten Gründen die Tage des Weesensteins als militärisch sinnvoll zu verteidigende Burg gezählt. Konsequenterweise wurde zu dieser Zeit ein vergrößertes Torhaus errichtet und die bisherige Zugbrücke durch eine massive Steinbrücke ersetzt. 1510 wird erstmals die Schlossbrauerei erwähnt, 1529 die Schlossmühle. Beide Gebäude schmälerten den Verteidigungswert der alten Burg weiter. Allerdings bemühte man sich bei weiteren Umbauten stets, das Erscheinungsbild einer Burg zu bewahren, um mit dem damit verbundenen Symbolgehalt die Würde und das Alter des Adelsgeschlechtes derer von Bünau zu betonen.
Renaissanceschloss Weesenstein 1530 - 1626
Rudolf II. von Bünau (1486-1543) war wie sein Landesherr Herzog Georg von Sachsen vorerst ein treuer Anhänger der Papstkirche. Erst bei Regierungsantritt von Herzog Moritz führte sein Sohn Heinrich II. der Ältere in der Herrschaft Weesenstein die Reformation ein, wobei die Schlosskapelle direkt dem Oberkonsitorium in Dresden und nicht dem eigentlich verantwortlichen Superintendenten in Pirna unterstellt wurde. Der Weesensteiner Grundbesitz der Bünaus hatte sich mittlerweile auf 8 Dörfer ausgeweitet. Zusammen mit den Ländereien der Herrschaft Liebstadt mit dem dortigen Schloss (1410-1691 im Familienbesitz) sowie der Herrschaft Lauenstein (1510-1827) ergab sich ein zusammenhängendes "Bünauisches Ländchen" im Osterzgebirge.
Schloss Weesenstein nach Errichtung des Mönchsbodens um 1544, vereinfachter Rekonstruktionsversuch; Arte4D für Arstempano
Bis 1544 wurde der Saalbau in den Formen der Renaissance aufgestockt und im Bereich des heutigen Mönchsbodens ein Festsaal geschaffen. Die Erschließung erfolgte über einen neu errichteten Wendelstein und über eine Renaissancarkade im Schlosshof. Auf den Fensterpfeilern des neuen Festsaales sind mehrere bedeutende Personen dargestellt, darunter die sächsischen Herzöge Georg, Heinrich und Moritz. Eigentlicher Inhalt der malerischen Ausgestaltung war die Übergabe der Regierung von Rudolf II. an seinen Sohn Heinrich im Jahre 1535. Rudolf II. hatte 1534 die Herrschaft Tetschen erworben und zog sich dorthin zurück.
Schloss Weesenstein von Osten, vereinfachter Rekonstruktionsversuch der Zeit um 1620; Arte4D für Arstempano
Unter Rudolf III. (1547-1624) und seiner Gemahlin Margarete von Miltitz begann ein großangelegter Umbau der spätgotischen Burg zu einem bedeutendem Renaissanceschloss. Die Oberburg wurde mit dem vorderen und hinteren Querhaus zum Oberschloss umgebaut. Zierde des vorderen Querhauses war ein runder Eckerker mit Welscher Haube und drei Renaissancegiebeln. Wohl am vorderen Querhaus wurde das heute am Unterschloss befindliche Renaissanceportal mit der Jahreszahl 1575 und dem Wappen Rudolfs und seiner Eltern und Großeltern eingefügt (Link Panorama heutiger Standort). Dahinter befand sich vermutlich eine Eingangshalle mit dem Zugang zum Oberschloss. In der obersten Etage des hinteren Querhauses wurde ein weiterer Festsaal eingefügt. Ebenso wurden die Gebäude um den heutigen Brauhof umgebaut. Auch hier befanden sich herrschaftliche Wohnräume, die teilweise über eine Hypokaustenheizung verfügten. Anstelle des ehemaligen Wehrturmes befand sich nun ein Bau mit hohem Satteldach und Giebeln, wie er in einem Gemälde vom Anfang des 18. Jh. überliefert ist. Auch am Unterschloss wurde auf älteren Resten viel gebaut (Teile des Dachstuhls am Parkflügel sind auf 1573 datiert). Der dorfseitige Flügel unterhalb des Saalbaues muss ebenso in der Zeit der Renaissance errichtet worden sein (Fenstergewände im Kellergeschoss). 1622 wird zudem ein Badehaus an der Müglitz erwähnt; zugleich ist eine erste Gartenanlage im Talgrund südlich des Schlosses verbürgt.
Schloss Weesenstein Vogelperspektive von Süden, vereinfachter Rekonstruktionsversuch der Zeit um 1620; Arte4D für Arstempano
Unter Rudolf II. lässt sich für Weesenstein eine Hofkapelle mit 6 Erwachsenen und mehreren Knaben nachweisen, die für die Musik der Gottesdienste und bei Tafel verantwortlich waren. 1574 ist eine Orgel in der Schlosskapelle nachgewiesen. 1596 werden zwei heute noch vorhandene Glocken für den Schlossturm gestiftet, der zudem ein Uhrwerk und eine neue Bekrönung in Form einer Welschen Haube erhielt. Um 1600 wurden schließlich die Räume im 3. OG des Saalbaues umgestaltet. Im Ritter- und im Knappensaal entstanden bemerkenswerte Ausmalungen und weiterer Bauschmuck. Im Gewölbe unterhalb des heutigen Billardsaals war seit spätestens 1571 der Gerichtssaal untergebracht (Jahreszahl am dortigen Aktenschrank).
Eingangsportal des Schlosses Weesenstein von 1575; bis ca. 1720 am Zugang zum Oberschloss; Fotografie A. Hummel 2016
Das Leben der Adelsfamilie von Bünau spielte sich zweifelsohne in den repräsentativen Räumen des Oberschlosses ab, die sich durchaus mit anderen sächsischen Schlössern messen konnten. Brauhof und Unterschloss dürften hingegen eher wirtschaftlichen Zwecken gedient haben. Mit Rudolf III. starb 1624 die ältere Linie derer von Bünau auf Weesenstein aus.